Dschungel, Meer und Wasserfälle

Zikaden und das Rauschen des Wasserfalls: Gibt es ein schöneres Schlaflied?

Herrlich erfrischt gehe ich zum Frühstück und leihe einen Motorroller.  Sun bringt das Gespräch nochmal auf eine andere Hütte, was ich dankend ablehne.

Am Nachmittag mache ich mich zum Strand auf, der sich jedoch zu verstecken scheint. Zwar sind zahlreiche Strände auf der Karte verzeichnet, doch sie stellen sich allesamt als Hotelstrände heraus.

Als ich endlich den Zugang zu einem öffentlichen gefunden habe, beginnt es zu regnen. Ich entkomme dem Wolkenbruch, indem ich mich in das nächstgelegene Restaurant flüchte. Dort warte ich ab. Die Sonne geht gerade unter, als ich an den Strand komme.

Die nächsten Tage regnet es immer wieder einmal. Ich nutze die Zeit dazwischen, um in den Nationalpark der Insel zu fahren. Zuerst besuche ich den Khlong Phlu, einen Wasserfall, der 40 Meter in die Tiefe stürzt. Ich habe gelesen, dass man dort schwimmen kann.

Voller Vorfreude gehe ich durch den Dschungel am Fluss entlang, der dank der zahlreichen Regenfälle gut gefüllt ist. Als ich schließlich um die Ecke biege, sehe ich den Wasserfall. Weiß schäumend stürzt das Wasser donnernd herab. Darunter das große Becken. Und niemand darin!

Ich kann es kaum erwarten, nach dem feuchtschwülen Dschungel endlich in das kühle Nass zu springen. Nach ein paar weiteren Schritten kommt ein Unterstand in Sicht. Ein Rettungsschwimmer samt Ausrüstung sitzt gelangweilt darunter und schaut ein Video auf seinem Handy.

Als ich voller Vorfreude mein T-Shirt ausziehe, höre ich ein „No!“. Irritiert frage ich nach. Gestikulierend geht das „Gespräch“ hin und her. Er deutet immer wieder weiter den Fluss herunter. So bleibt mir nur, unter seinen kritischen Augen Aufnahmen zu machen und abgeschlagen den Weg ein Stück zurückzulaufen.

Ich finde ein ausgewaschenes Becken und tauche in das kühl-klare Wasser. Hat mich da etwas gezwickt? Schon glaube ich, es mir nur eingebildet zu haben. Da: wieder. Und noch einmal. Schließlich sehe ich sie: kleine grünliche Fische, die fast die Farbe des Wassers haben. Je stiller ich im Wasser verharre, desto mehr versammeln sich und umso aggressiver und häufiger werden die Bisse.

Habe ich irgendwo etwas über gefährliche Tiere in Thailand gelesen? Während Rücken, Brust, Bauch und Beine zunehmend attackiert werden, kann ich mich beim besten Willen an nichts Derartiges erinnern. Wieder und wieder scheuche ich sie davon, was keine anhaltende Wirkung zeigt. Schließlich setze ich mich auf einen Findling am Ufer, lasse mich von der Sonne trocknen und schaue dem fließenden Wasser zu.

Auf der Rückfahrt statte ich noch einem kleinen Dorf, das auf Stelzen im Meer gebaut ist, einen Besuch ab.

Am nächsten Tag breche ich zu einem etwas entfernteren und nicht so bekannten Wasserfall (Khlong Chao Lueam) auf. Kurz denke ich darüber nach, ob ich tanken sollte, doch die Anzeige sieht gut aus: zwei von fünf Strichen. So genieße ich den warmen Fahrtwind in meinen Haaren und folge den gewundenen Straßen.

Rockin‘ The Road – (Th/F)understruck

Zehn Minuten später. Ein gelbes Tacho-Warnlicht beginnt zu blinken: „Empty“. Auf der Insel gibt es nur wenige Tankstellen. Gespannt, ob ich bald im Nichts stehenbleiben werde, fahre ich weiter, während das Licht fröhlich vor sich hinblinkt. Schließlich finde ich eine Tankstelle. Ein Blick in den Tank zeigt noch eine Pfütze von Benzin.

Ich biege von der Küstenstraße ab und fahre ins Landinnere. Die Straße windet sich durch Bananenplantagen. Irgendwann endet der Straßenbelag und geht in eine Schotterpiste über, die mehr und mehr mit großen Schlaglöchern durchsetzt ist. Ein Motorroller ist nur bedingt für Offroad-Abenteuer geeignet.

Nach einigen Kilometern kommt in mir die Frage auf, ob ich mich verfahren habe. Plötzlich taucht eine Furt vor mir auf. Da muss ich noch durch, denn auf der anderen Seite steht ein Haus mit einem Schild: „Waterfall“.

Ich stelle den Roller ab, bezahle den Eintritt und mache mich auf den Weg. Ein wenig größer hatte ich mir den Wasserfall schon vorgestellt. Dafür bin allein und man darf hier wirklich schwimmen.

Ich genieße die Abgeschiedenheit des Ortes für einige Zeit. Gerade will ich ins Wasser, als plötzlich ein Kopf zwischen den Felsen auftaucht. Nach einer kurzen Konversation auf Englisch stellen wir fest, dass wir beide Deutsche sind.

Die fast am ganzen Körper mit Tattoos bedeckte Schwäbin hatte früher ein kleines Tattoo-Studio, das Corona nicht überlebte. Nach einem erfrischenden Bad tauschen wir unsere Reiseerfahrungen aus.

Schließlich verfällt sie darauf, erst über Deutschland im Allgemeinen, dann über das Pandemie-Management und die Regulationswut im Besonderen zu schimpfen. Dabei bewegt sie sich immer weiter in Richtung Verschwörungstheorien, die sie mit einer gehörigen Prise vermeintlicher Esoterik würzt.

Während sie so vor sich hinschimpft, verlege ich mich darauf, ihr sichtlich verbrauchtes Gesicht zu betrachten, in das sich tiefe Enttäuschung eingegraben hat. Schließlich lässt sie ab, verabschiedet sich und geht.

Nach dem Redeschwall genieße ich die Ruhe untermalt vom Rauschen des Wasserfalls und springe ein zweites Mal hinein. Auf dem Rückweg treffe ich sie noch einmal, wobei sie mir einen Vortrag über die Wichtigkeit des Barfuß-Gehens hält: Dabei strömen die Erdenergien in den Körper und laden die Batterien für ein ganzes Jahr auf. Natürlich nur in Asien!

Auf der Rückfahrt mache ich Halt an einem Strand, setze mich in ein Cafe, schreibe einen Blogeintrag und genieße die Farben des herabsinkenden Tags.

Im „Little Eden“ angekommen, erwartet mich Sun. Die letzten zwei Tage hat er vielfach versucht, einen Weg für mich zu finden, die kambodschanische Grenze zu queren. Es ist keine Saison und die gängigen Busverbindungen sind ausgesetzt. Seine zahlreichen Versuche führten ins Nichts. Im Notfall muss ich zwei Taxis nehmen, die ein kleines Vermögen kosten.

Doch Sun hat gute Neuigkeiten. Er hat ein Unternehmen gefunden, dass mich den ganzen Weg von der Insel bis nach Sihanoukville in Kambodscha für umgerechnet 70 Euro bringt! „Dann musst Du aber morgen um 6 Uhr los!  Ist das ok?“

Und ob das okay ist! Er bietet mir sogar an, morgen früh aufzustehen, dass ich noch ein kleines Frühstück bekomme. Dann gibt er mir – er ist selbst Kambodschaner – noch allerlei Verhaltenstipps, um nicht an der Grenze betrogen zu werden.

Ich danke ihm herzlich, begleiche die Rechnung und lege noch einen angemessenen Betrag für seine Mühen drauf. Zum Abschied wird noch die ganze Familie für ein Foto zusammengetrommelt.

Ein bisschen wehmütig gehe ich zu meiner Hütte. Ein erlebnisreicher Monat in Thailand geht zu Ende. Ich mag dieses Land. Überall durfte ich wundervolle, freundliche und hilfsbereite Menschen treffen. Welch ein Geschenk!

Was mich wohl morgen in Kambodscha erwartet?

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