Heidelberg des Südens.

Ursula und Jürgen fahren am nächsten Morgen nach Luang Prabang. Ich folge ihnen am darauffolgenden Tag mit dem Schnellzug.

Am Bahnhof erwartet mich eine Sicherheitskontrolle, die schärfer als am Flughafen ist. Die Angestellten wollen mein Taschenmesser und meine Verbandsschere beschlagnahmen. Ich verhandele mit ihnen und darf schließlich beides behalten.

Eineinhalb Stunden später erreichen wir den Bahnhof von Luang Prabang. Er liegt weit außerhalb und alle Minibusse in die Innenstadt sind voll besetzt. Dann finde ich doch noch eine Möglichkeit, zu meinem Hotel zu kommen.

Es liegt 2 km außerhalb des Stadtkerns. Ursula und Jürgen sind auch dort abgestiegen. Wir verabreden uns für den nächsten Tag zu einem Stadtrundgang.

Wir frühstücken auf dem Morgenmarkt und steigen danach zum Tempel hinauf. Von hier hat man einen wunderbaren Blick auf die Stadt, die auf der Halbinsel zwischen den Flüssen Nam Khon und Mekong erbaut wurde.

Die ehemalige Königsstadt hat etwas Liebliches und Sanftes. Beim weiteren Rundgang bewundern wir die vielen Häuser aus der französischen Kolonialzeit. Nach einem Besuch im Nationalmuseum beschließen wir den Tag mit einem Essen auf dem Nachmarkt.

Im Nationalmuseum hatten wir einen Hinweis entdeckt, dass am Folgetag traditioneller laotischer Tanz aufgeführt wird. Die beiden bedauerten sehr, dass sie da schon nach Thailand abgeflogen sein werden. Bevor wir uns verabschieden, geben sie mir noch den Rat, an einem Sunsetcruise auf dem Mekong teilzunehmen.

Am Folgetag besuche ich die Tanzvorstellung. Zu live gespielter Musik werden Geschichten aus einem laotischen Mythos aufgeführt. Besonders beeindruckt mich, wie Tänzerinnen und Tänzer jede Bewegung vom Fuß bis in die Fingerspitzen durchgestalten.

Danach gehe ich auf den Nachtmarkt. Steetfoodstände umgeben einen großen Platz. In der Mitte finden sich zahlreiche Tische, die alle schon besetzt sind. Ich frage einen älteren Herrn, ob ich mich zu ihm setzen darf.

Im Laufe der Unterhaltung finde ich heraus, dass Stanley, genannt Stan, eine Farm in Australien besitzt, die jetzt sein Sohn leitet. Er selbst unterrichtet als Freiwilliger Englisch in Laos. Nachdem wir 2 Stunden unsere Lebensgeschichten ausgetauscht haben, lädt er mich auf die Farm im australischen Busch ein.

Am nächsten Tag melde ich mich zum Sunset-Cruise an. Ich ergattere eine Liege in vorderster Reihe auf dem Oberdeck. Gegen 5 Uhr legt das Schiff ab.

Wir drehen nach Westen und fahren der untergehenden Sonne entgegen. Recht bald erhält jeder zwei Bananenblattstreifen, einen Stift, einen Halm und ein rotes Bändchen. Wir sollen einer alten Tradition folgen: Auf den einen Streifen schreiben wir unsere Wünsche für die kommende Zeit. Das Blatt wird gerollt und mit dem Halm zusammengebunden. Wer seinen Wünschen noch mehr Gewicht verleihen will, kann lebende Fische kaufen, die später in Freiheit gesetzt werden.

Auf das andere Blatt schreiben wir das, was wir loslassen wollen. Dies wird mit dem roten Bändchen zusammengebunden.

Alles wird eingesammelt und wir fahren der untergehenden Sonne entgegen. Der Kapitän schaltet den Motor aus. So treiben wir lautlos den Fluss hinunter.

Als die Sonne hinter den Bergen versinkt und die Nacht hereinbricht, dreht das Schiff und wir fahren zurück. Als es vollkommen dunkel ist, geben die Mitarbeiter unsere Wunschblättchen in das Aquarium mit den freizulassenden Fischen.

Alle Lichter werden gelöscht, nur das Bassin ist beleuchtet. Wir zählen von 5 herunter, die kleine Schleuse wird geöffnet und Fische und Wünsche verlassen das Schiff an Backboard.

Steuerboards wird ein Stein, an den die Blattstreifen mit dem Loszulassenden gebunden sind, an einem Ausleger befestigt. Wieder rückwärtszählen, dann fällt der Stein platschend ins Wasser und versinkt.

Wieder am Anleger angekommen, gehe ich ein letztes Mal auf den Nachtmarkt. Ohne eine Verabredung treffe ich den Australier wieder. Wir essen und schmieden Plane, was wir auf der Farm gemeinsam unternehmen werden. Dann verabschieden wir uns zum zweiten Mal.

Von tiefer Zufriedenheit durchwoben sinke ich später in mein Bett. Morgen werde ich nach 28 Tagen Laos verlassen und nach Hanoi fliegen.

Welche Abendteuer mich wohl in Vietnam erwarten?

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