Ha Giang Loop 4.

Früh am Morgen erwache ich, nachdem der Sturm die ganze Nacht an Haus und Fenstern gezerrt hat. Ich drehe mich noch einmal um und schlafe weitere zwei Stunden.

Eigentlich wollte ich an den Stausee hinunterfahren, um dort eine Bootstour zu unternehmen. Diesen Plan lasse ich aber wieder fallen, es ist einfach zu kalt.

Gegen 9.30 Uhr ist es endlich soweit: Ich packe das Motorrad und lasse den Motor warmlaufen. Beim Anbringen des letzten Spanngurt passiert es: Die Maschine kippt und fällt krachend gegen die Mauer. „Wie gut, dass ich die Versicherung abgeschlossen habe!“, denke ich.

Als ich das Bike wieder aufstelle, fehlt der linke Seitenspiegel. Und schnell finde ich heraus, dass sich an dem abgebrochenen Teil auch die obere Schelle des Kupplungshebels befindet …

Damit kann ich auf keinen Fall losfahren, da nun die Kupplung frei neben dem Lenker „schwebt“. Auf dem Pass gibt es keine Mechaniker und ich frage einen Hostelangestellten, ob er etwas Draht hat.

Er kommt mit ein paar alten Schrauben, Draht und einer Zange. Daraus basteln wir etwas, das die Kupplung am Lenker hält. Leider können wir den Spiegel nicht befestigen, ich werde wohl erst einmal ohne auskommen müssen.

In den nächsten Dörfern fahre ich verschiedene Werkstätten an, doch keine kann mir weiterhelfen. Unsere Kupplungskonstruktion bewährt sich hingegen gut. Ich werde bis zur Ende der Fahrt damit ohne Probleme unterwegs sein.

Durch märchenhafte Landschaft windet sich die Straße durch das Gebirge. Leider bleibt kaum Zeit, die Landschaft zu genießen. Überall Erdrutsche und große Baustellen.

Die Mittagspause bietet eine willkommene Entspannung. Mit frischen Kräften setze ich die Fahrt fort.

Bald bin ich am südlichsten Teil des Loops angekommen und bewundere die Aussicht. Von hier aus kann ich nicht nach Westen fahren, da die Straße dort so stark beschädigt ist, dass der Verleiher vor dieser Route ausdrücklich gewarnt hat.

Also geht es erst ein Stück nach Norden und dann Richtung Westen. Dabei verlasse ich langsam das Hochplateau. Schließlich gelange ich zu meiner Unterkunft, einem weitere Homestay, und entlade die Maschine.

Mich lockt noch ein Hochtal, dass weiter oberhalb des Hostels liegt. Ohne Gepäck mache ich mich auf den Weg. In kurzer Zeit wird mir klar, dass es gut war, diese Straße ohne Ballast zu fahren.

Wassermassen habe den gesamten Belag weggerissen. Von den Brücken stehen nur Überreste. Im Schritttempo suche ich mir eine fahrbare Spur. Was für eine spannende Herausforderung am Nachmittag!

Oben belohnt mich der Blick auf ein idyllisches Kerbtal, in das sich Reis-Terrassen und ein kleines Dorf schmiegen.

Herunter ist der Weg schwieriger, aber ich habe nach wie vor Freude an den fordernden Bedingungen.

Am Abend gibt es ein sehr leckeres Essen mit der Familie, zu dem reichlich „Happy-Water“ gereicht wird. Bei dem Namen könnte man ja auf Gedanken kommen …

Doch es ist einfach ein Schnaps, der aus Mais gebrannt wird. Die anderen Gäste und ich müssen dazu auf Vietnamesisch „1,2,3, 2,3, 3 und dann Prost rufen. Das gelingt mit der Zeit immer besser und beim 19. Schnaps beherrschen wir die Trinkspruch perfekt (glauben wir jedenfalls).

Zufrieden sinke ich ins Bett, wieder mit einer 2. Decke „bewaffnet“. Vietnam ist ein wunderbares Land und es gibt noch so viel zu entdecken! Ich habe mich in dieses Land verliebt.

Ein kurzer Überschlag, wie viel Zeit mir für dieses Land noch zur Verfügung steht, lässt mir jedoch deutlich werden, dass ich dafür keine Zeit haben werde. Dann müsste ich etwas vom Rest der Südostasientour streichen.

Also steht mein Entschluss: Ich komme wieder! Ich werde mir im Süden des Landes ein Motorrad leihen und die vielen Sehenswürdigkeiten auf dem Weg nach Norden besuchen.

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