Geburtstag.

„Verdammt, ich habe die Kreditkarte im Automaten gelassen!“ In dem Moment, in dem ich das beim Versuch zu bezahlen im Tauchshop realisiere, rufe ich: „Ich komm später wieder“ und renne aus dem Laden.

Es sind zweihundert Meter zur ATM. Ich springe die Treppe zum Seven-Eleven hinauf, an dessen Seite der Automat steht: aber keine Karte.

Ich stürze in den Laden hinein, drängle mich vor und frage, ob jemand sie abgegeben hat. Die Kassiererin zeigt mir einen ganzen Stapel Karten – meine ist nicht dabei.

Ich versuche, von ihr zu erfahren, ob die Bank, zu der der Automat gehört, eine Filiale in der Stadt hat. Die Frau beschreibt mir den Weg dorthin. Nur, ich verstehe ihre Erklärung nicht.

Ich bitte sie, mir die Filiale auf Google Maps zu zeigen, was sie sichtlich überfordert. Immer wieder zoomt sie in die Karte herein und heraus. Die Kunden hinter mir werden ungeduldig. Schließlich gelingt es doch.

Die Bank schließt um 16 Uhr und es ist 15:50 Uhr. Also renne ich den Berg hinauf und bin gerade noch rechtzeitig da.

Ich muss noch eine Weile warten, bis ich mein Anliegen vortragen kann. Hastig erkläre ich, was passiert ist. Die Managerin scheint wenig beeindruckt.

Sie erklärt mir, dass der Automat die Karte wieder hineinzieht, wenn sie nicht nach einer Minute entnommen wird. Das passiere hier mehrfach täglich.

Heute habe sie kein Personal, um den Automaten zu überprüfen. Ich soll morgen um 10 Uhr wiederkommen. So lasse ich ihr noch meinen Namen, die Transaktionsquittung sowie eine farbliche Beschreibung der Karte da.

In Gedanken versunken gehe ich den Berg wieder herunter: Hat jemand die Karte mitgenommen? Dann muss ich sie umgehend sperren lassen. Diese Sperrung kann aber eventuell nicht rückgängig gemacht werden, falls sie die Karte morgen im Automaten finden.

Dann ist mir auch nicht geholfen. Ich gehe noch einmal in mich und habe ein gutes Gefühl, dass die Karte sich im Automaten befindet und beschließe, den morgigen Tag abzuwarten.

Am nächsten Morgen – es ist mein Geburtstag – gehe ich zur Bank. Dort muss ich eine Weile warten. Plötzlich steht die Managerin vor mir, überreicht mir die Karte und spricht kein Wort. Es gibt keine Passkontrolle – gar nichts.

Ich probiere die Karte gleich noch an einem Automaten in der Filiale aus: Sie funktioniert! Draußen regnet es und, als ich die Treppe heruntergehe, rutsche ich weg, falle auf den Rücken und gleite die Stufen hinunter.

Etwas verdattert stehe ich auf. „Alles in Ordnung?“, ruft mir jemand zu. Außer dem Schreck habe ich nichts davongetragen. „Ja, heute ist mein Glückstag: Ich habe meine Kreditkarte wieder und dazu ist mein Geburtstag!“ „Herzlichen Glückwunsch!“, ruft er mir hinterher.

Im Hotel packe ich meine Sachen zusammen und räume das Zimmer.

Gegen Mittag holt mich Alex mit seinem Motorroller ab und bringt mich zum „Treehaus“, einem gemütlichen Restaurant außerhalb des Orts. Seine Freundin wartet dort schon auf uns. Wir bestellen ein reichhaltiges Mittagessen und feiern so meinen 57.

Während wir bei 27 Grad im T-Shirt draußen sitzen, schicken meine Kolleg:innen der Schule eine Serie von Gratulationsvideos! Im Hintergrund ist der erste Schnee in Kassel zu erkennen, Vielen Dank, Ihr Lieben! Eure Glückwünsche haben mich sehr berührt!

Nach dem Mittagessen ist es Zeit, mich von Alex und seiner Freundin zu verabschieden.

Ich muss noch bis 19 Uhr auf die Nachfähre warten. Währenddessen bekomme ich noch weitere liebe Nachrichten und Anrufe. Ich freue mich sehr darüber.

Als es an der Zeit ist, gehe ich zur Fähre. Mir wird ein kleines Bett auf diesem rostigen Kahn zugewiesen. Der große Schlafsaal füllt sich bis auf das letzte Bett.

Bald nachdem das Schiff um 21 Uhr abgelegt hat, schlafe ich ein. Als ich erwache, ist es kurz vor Mitternacht. Ich schleiche mich durch den Schlafsaal auf das Heck des Schiffs.

Ich setze mich an die Reling, blicke über das schäumende Wasser, das von der Schiffsschraube aufgewirbelt wird, in die schwarze Nacht hinaus. Nicht einmal Navigationslichter anderer Boote sind zu sehen.

So starre ich ins Dunkel und frage mich: Was wird das neue Lebensjahr wohl bringen?

2 Antworten zu „Geburtstag.”.

  1. Lieber Thomas,

    typisch für mich, dass ich Deinen Geburtstag nicht auf dem Schirm hatte. So wünsche ich Dir nachträglich viel Gutes und noch eine erlebnisreiche Reise mit vielen Abenteuern, die Du alle bestehst!!

    Dein Wolfgang

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  2. A bit late but Happy Birthday!

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