DCS.

Am folgenden Tag mache ich noch einen Tauchgang zum Wrack El Peñón.

Nach den Weihnachtsfeiertagen treffen immer mehr Seminarteilnehmer ein, unter anderen auch eine sehr gute Freundin von mir. Schon während der vorangegangenen Seminare wollte ich mit ihr eine mir gut bekannte Wanderung auf einem alten Pilgerweg unternehmen.

Es ist der letzte Tag vor dem Seminar. Für den Vormittag habe ich noch zwei Fundives gebucht, so dass wir die Tour nachmittags angehen können. Da sich der erste Tauchgang verzögert, nehme ich nur an diesem teil und sage den zweiten ab.

Der Pilgerweg

Wir fahren auf die Nordinsel, in die Nähe des kleinen Bergorts Orotava, auf gut 1150 Höhenmetern gelegen, Während wir von der Küste in die Berge hinauffahren, muss ich andauernd gähnen, fühle ich mich ausgesprochen müde.

Wir stellen den Wagen ab und beginnen unsere Tour auf dem alten Pilgerweg. Eine Weile bleibt der Weg auf einer Höhe, um dann in engen Serpentinen steil anzusteigen. Schon nach den ersten Metern hinauf bemerke ich, dass mir der Aufstieg über die 500 Höhenmeter ungewöhnlich schwerfällt.

Bald hämmert das Herz bis zum Hals und ich bleibe immer weiter zurück. Wieder und wieder muss ich Halt machen und verschnaufen. Je höher wir kommen, desto öfter bleibe ich stehen. Ich schleppe mich mehr den Berg hinauf, als dass ich wandere.

Nach dem Anstieg verläuft der Pfad recht eben, nur ab und an geht es etwas bergauf und -ab. Doch bei jeder Steigung keuche ich: sehr merkwürdig und ein wenig beängstigend.

Während wir laufen, kommt mir eine Idee: Was, wenn mein jetziger Zustand mit dem vorherigen Tauchgang zusammenhinge?

Dekrompressionskrankheit

Ich überlege: In der Tauchflasche befindet sich komprimierte Luft. Sie besteht zu 21% aus Sauer- und zu 79% aus Stickstoff.

Beim Tauchen verflüssigt sich durch den hohen Druck auf den Körper unter Wasser der Stickstoff (N2) im Blut und dringt in umliegendes Gewebe ein. Je häufiger und tiefer getaucht wurde, desto mehr N2 reichert sich so im Körper an.

An der Oberfläche zurück, kehrt sich der Prozess um. Der Stickstoff im Gewebe wird wieder gasförmig, geht in das Blut über und kann abgeatmet werden.

Dieser Vorgang der Entsättigung kann sich, je nach Menge des vorher gelösten Stoffs, bis zu einem Tag hinziehen.

Gelangt der Körper jedoch in einen noch geringeren Umgebungsdruck als auf Meereshöhe, geht zu viel auf einmal in den gasförmigen Zustand über. Das hat Folgen:

Sie reichen von Problemen mit dem betroffenen Körpergewebe, in dem sich Bläschen bilden, beispielsweise unter der Haut, bis hin zu Organ- oder Gelenkverletzungen durch sich dort ausdehnendes Gas.

Gelangt eine große Menge desStickstoofs auf einmal zurück ins Blut, kann es zu Blutdurchflussbeeinträchtigungen bis hin zu Gefäßverschlüssen kommen. Das Spektrum reicht von Übelkeit über Bewusstseinstrübungen, Schwindel bis hin zu Lähmungen.

Diese Phänomene nennt man DCS (Decompression Sickness), zu Deutsch: Dekompressions- bzw. Taucherkrankheit.

Deswegen soll man 24 Stunden nach dem Tauchen keinen Flug antreten, da in der Kabine ein verminderter Druck herrscht. Schon im ersten Tauchkurs lernt man diese Zusammenhänge.

Und nun dämmerte es mir: Obwohl ich gerade nicht fliege, befinde ich mich auf 1700 Metern Höhe und setze mich damit einem deutlich niedrigerem Umgebungsdruck und hohem Risiko aus.

Daher die Müdigkeit auf der Fahrt und die Probleme beim Aufstieg. Ich habe großes Glück gehabt, dass es nicht schlimmer endete. Wie gut, dass ich den zweiten Tauchgang nicht unternommen habe!

Der Höhenweg

Durch Kiefernwälder führt unser Weg durch verschiedene Baranccos. Die großen Feuer des Sommers haben viele Bäume erfasst.

Doch die Kanarische Kiefer verfügt über eine außergewöhnliche Fähigkeit: Ihre Rinde besteht aus über 50 Schichten. Bei einem Brand verschmoren nur die äußeren davon, das Innere bleibt verschont. So sprosst aus den verkohlten Stämmen bald neues Leben hervor.

Wir genießen diesen stillen Weg durch die Wälder, die Felsformationen, den Blick auf den Teide, die Sonne.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kehren wir zum Auto zurück. Je weiter wir zur Küste hinunterkommen, desto besser geht es mir.

Crash

Die nächsten Tage vergehen wir im Flug. Neben dem Seminar gehen wir in der Mittagspause schwimmen. Auf einem Parkplatz mit enger Durchfahrt passiert es:

Es gibt nur noch wenig freie Plätze, jedes andere Fahrzeug nehme ich als Konkurrenz wahr. Da endlich: eine Lücke. Ich setze hinein, wobei sich ein anderes Fahrzeug ebenfalls in die Lücke zwängt.

Obwohl meine Beifahrerin mir wiederholt zuruft, dass der andere Wagen nur einem weiteren zwecks Durchfahrt Platz machen möchte, stoße ich trotzig weiter in die Parklücke hinein.

Durch den engen Fokus verliere ich den Überblick und donnere in eine Seitenabsperrung hinein. Als ich wieder nach vorne setze, löst sich der linke hintere Kotflügel krachend, steht klaffend von der Karosserie ab.

Wie gut, dass ich die Vollkaskoversicherung abgeschlossen habe!

Und weiter …

Am Abend des 5. Januars geht das Seminar zu Ende und ich packe meine Sachen. Morgen geht es in aller Frühe zum Nordflughafen. Von dort fliege ich über Madrid und Peking nach Seoul/ Südkorea.

Eine Antwort zu „DCS.”.

  1. Mannomann! Aber insgesamt bisher hast du unglaublich Glück und danke, dass so viele schöne Bilder dabeisind und man fast auch dabei ist…

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