Vulkane – Idylle – Tropen.

Tag 16: Tongariro Nationalpark – Rotarua (184km / 2 Std. 20 min)

Nach der 21 km – Wanderung gestern wache ich mit einem interessanten Muskelkater auf: Ich kann mich nicht erinnern, dass mir jemals die Oberschenkel außen weh getan hätten.

Bei Nieselregen fahre ich ab. Der Weg führt mich aus dem vulkanischen Gebiet heraus, die Landschaft wird lieblicher.

Doch man darf sich nicht täuschen lassen! Die gesamte Nordinsel liegt auf dem Pazifischen Feuerring und intensiver Schwefelgeruch kündigt die Nähe Rotoruas, meines heutigen Ziels, an.

Gegen frühen Nachmittag erreiche ich den Campingplatz und beginne zu schreiben. Als ich gegen Abend zum Auto zurückkehre, ist nebenan eine kleine Party im Gange.

Drei Maori, zwei Frauen und ein Mann, sitzen bei Bier und Vodka zusammen. Ich setze mich eine Weile dazu. Alle möglichen Klischees über Deutschland prasseln auf mich ein. Irgendwann gebe ich auf, sie zurecht zu rücken.

Gegen 23 Uhr ziehe ich mich zurück. Die Platzruhe beginnt 21 Uhr, aber meine Nachbarn kommen mit jeder Dose Bier mehr in Stimmung.

Kurz nach Mitternacht schalte ich schließlich in den Lehrermodus: Ich öffne die Schiebetür und bitte sie – sehr nachdrücklich – um Ruhe. Wie bei einer Schulklasse begehren sie noch einmal kurz auf, räumen dann alles brav weg und verschwinden im Zelt.

Tag 17: Rotorua

Eigentlich wollte ich heute die vulkanischen Attraktionen Rotoruas besuchen. Doch es regnet in Strömen. Also beschließe ich, am Blog zu arbeiten. Im Gemeinschaftsraum lerne ich Marc kennen.

Er ist jetzt für Jahr in Neuseeland. Doch er reist schon 7 Jahre:

Nach der Mittleren Reife hat er eine Ausbildung zum Tischler absolviert. Doch dann zog es ihn hinaus in die Welt, 21 Länder hat er bereist. Immer, wenn ihm das Geld ausgeht, arbeitet er.

Nur zwei Jahre hat er – wegen Corona – in Deutschland zugebracht. In der Zeit hat er Küchen eingebaut. Sobald die Grenzen offen waren, ist er wieder los.

Im Winter will er in Neuseeland im Camperausbau arbeiten und ab Frühling die Südinsel auskundschaften.

Zwei Freundinnen hat er in den 7 Jahren gehabt. In Australien lernte er eine Argentinierin kennen. Nach einer Weile musste er für drei Monate nach Deutschland und als er zurückkam, hatte sie schon einen anderen.

Später war es eine Koreanerin. Als dann Corona kam und die Länder ihre Grenzen dichtmachten, ging jeder zurück in seine Heimat. Mit der Zeit ging die Fernbeziehung in die Brüche.

„Irgendwann will ich schon einmal eine Familie haben, wenn mir die Richtige über den Weg läuft“, sagt er. „Vielleicht finde ich sie auf meinen Reisen. Und dann entscheiden wir, wo wir leben.“

Er versucht, seine Stimme zuversichtlich klingen zu lassen, während in den Augen für kurze Zeit ein Trauernebel aufzieht. Rasch wenden wir uns wieder unseren Beschäftigungen zu.

Tag 18: Rotorua – Hobbiton – Huntly (156 km / 2 Std.)

Morgens mache ich den Camper reisefertig und fahre zum nahe gelegenen Te Puia, einem Geothermalpark, wo ich eine Führung gebucht habe.

Nach einer Einführung in die Kultur der Maori besuchen wir das Kiwi-Haus. Hier sehe ich zum ersten Mal diesen nachtaktiven, gut Hühner-großen Vogel.

Die Führerin erklärt: „Dieser Vogel ist sehr territorial, er verteidigt ein Gebiet von über 50 ha. Das Weibchen legt ein 500g schweres Ei, was ungefähr einem Drittel ihres Körpergewichts entspricht.

Das stelle man sich einmal bei einem Menschen vor! Im Anschluss macht sie eine einmonatige Ruhepause, während das Männchen das Ei ausbrütet.“

Nachdem wir diese Vögel eine Weile bei Rotlicht beobachtet haben, geht es zu den brodelnden Schlammquellen des Parks.

Und im Hintergrund hört man schon starkes Brausen. Zwei mächtige Geysire steigen in die Höhe. Zwischen den Ausstößen ist ein unheimliches Kochen und pochendes Brodeln zu vernehmen.

Geysir

Wie schade, dass ich nach 1 ½ Stunden schon weiter muss. Ich setze mich ins Auto und fahre nach Norden. Hobbiton, das Hobbingen-Filmset, ist mein Ziel.

Je weiter ich fahre, desto grüner und saftiger wird das Land. Ich komme in den Bereich der „Rolling Hills“.

Wie ich diesen Begriff am besten übersetzen? Vielleicht mit: wogende Hügel?! Die Landschaft wird so idyllisch, dass man kaum glauben kann, dass sie echt ist. Kein Wunder, dass Peter Jackson sie für das Auenland (engl.: The Shire) gewählt hat!

Die 2½-stündige Führung führt uns durch das Filmset. Als neueste Attraktion gibt es jetzt zwei begehbare Hobbit-Höhlen, die die Weta-Studios in nur 9 Monaten mit 60 Handwerkern aufgebaut haben.

An alles wurde gedacht: Eingangsbereich, Ess- und Schlafzimmer, Speisekammer und sogar eine Waschküche gibt es. Immer wieder bestaune ich die Liebe zum Detail. So sehr ich auch suche, ich finde nichts, was vergessen wurde. Man könnte direkt einziehen.

Den Abschluss der Tour bildet ein Besuch im Green Dragon, wo jeder einen Becher Bier oder Cider zu sich nehmen kann.

Ich fahre noch ein Stück weiter nach Huntly und übernachte auf einem Freedom Campingplatz.

Richtig sicher fühle ich mich nicht. Immer wieder kommt der gleiche Wagen – anscheinend bestückt mit der Dorfjugend – auf den Platz gefahren und lässt seinen Motor aufheulen.

Irgendwann kommt die Polizei mit Blaulicht vorbei und der Spuk hört auf.

Tag 19: Huntly – Waipu Cove (215 km / 3 Std.)

Ich fahre weiter nach Norden, durch Auckland hindurch, bis Waipu Cove. Je näher ich der Küste in dieser tropischen Region Neuseelands komme, desto voller wird es.

In dem kleinen Ort herrscht Hochbetrieb. Es ist Sonntag und viele Aucklander haben wohl das Wochenende genutzt, um ans Wasser zu kommen.

Gegen Nachmittag wird es ruhiger, die meisten fahren ab. So zieht auf dem Campingplatz wieder Ruhe ein.

Abends setze ich mich an den Strand, genieße das Rauschen der Wellen und den Sternenhimmel.

Tag 20: Waipu Cove

Mein letzter ganzer Tag mit dem Camper. Es ist an der Zeit, Sachen zu waschen und wieder alles in den beiden Rucksäcken zu verstauen.

Obwohl ich die die ganze Zeit unterwegs war, ist doch der Camper die feste Größe meiner Neuseeland-Reise gewesen. Und so kommt schon ein wenig Wehmut auf, dass meine Zeit mit ihm zu Ende geht.

Tag 21 Waipu Cove – Auckland (141 km / 2 Std.)

Ich muss mich beeilen, um 13 Uhr muss ich den Camper abgeben. Ich packe die restlichen Sachen in die Rucksäcke und bringe den Wagen wieder in den Originalzustand.

Südwärts geht die letzte Fahrt und pünktlich komme ich an der Abgabestation an. Nachdem die Sekretärin und ich den Papierkram erledigt haben, fährt sie mich zum Flughafen.

Von dort nehme ich ein Shuttle in die Innenstadt. Ich habe ein Bett in einem Kapselhotel gebucht. Dort setze ich mich in der Bar und schreibe:

Resümee

Wieder zurück in Auckland, der Stadt, in der mein Neuseeland-Trip begonnen hat:

3829 km war ich in 21 Tagen zwischen dem 47. und 34. Breitengrad unterwegs, von Christchurch bis hierher. Bisher der sicherlich touristischste Teil meiner Reise um die Erde. Die Erlebnisse und Bilder dieses Roadtrips gehen mir nicht aus dem Kopf.

Die wild-zerklüftete Schönheit der windgepeitschten Südinsel in den Roaring Fourties mit ihren Bergen, Gletschern, Wasserfällen und Tieren.

Dann die Nordinsel: Vulkane, heiße Quellen, Schwefeldämpfe, Maorikultur, Rolling Hills bis hin zu den gemäßigten Tropen.

Alles das durfte ich im wahrsten Sinne erfahren. Welch ein Reichtum in so kurzer Zeit!

Das meiste, was man über Neuseeland lesen kann, ist wahr. „Wenn Du Grün wirklich erleben willst, fahre nach Neuseeland“ und „An einem Tag kannst Du alle vier Jahreszeiten erleben“. Doch Worte können das Erlebte kaum wiedergeben.

Eins ist sicher: Man braucht länger, wahrscheinlich mindestens 3 Monate, beginnend im November, um den Fassettenreichtum beider Inseln voll auszukosten, wirklich Fuß zu fassen. Und doch möchte ich dieses Feuerwerk der letzten 3 Wochen nicht missen.

So steht für mich fest:

Vietnam und Neuseeland, ich komme wieder!

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